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Offener Brief von Carolin Kunz an Ratsmitglied und OB-Kandidat Frank Henning (SPD), OB-Kandidatin Katharina Pötter (CDU) und die NOZ (Neue Osnabrücker Zeitung)

Sehr geehrter Herr Henning, sehr geehrte Frau Pötter,

auf der Podiumsdiskussion vor dem Rathaus für den Erhalt der Grünen Finger am 21.08.21 sorgte Ihre Aussage, wonach Stadt, Hochschule und „Aktivisten“ offenbar von unterschiedlichen Karten bzw. Definitionen der Grünen Finger ausgingen, die Grünen Finger per Ratsbeschluss bereits geschützt seien und es während Ihrer Ratszugehörigkeit keine Bebauung innerhalb der Grünen Finger (nach Ihrer Definition) gegeben habe, für einige Irritation. Unser offener Brief geht auch an OB Kandidatin Katharina Pötter (CDU), die diese Behauptungen gerne aufgriff und verstärkte. Wir haben dem nicht direkt widersprochen, weil wir den Wahrheitsgehalt Ihrer Aussagen zunächst gründlich recherchieren wollten. Sie haben – teilweise – Recht: Bereits am 17. Juni 1997 hat der Rat beschlossen, dass die Grünen Finger in ihrer damaligen Ausprägung erhalten und verbindlich gesichert werden sollten. Dieser Ratsbeschluss ist jedoch nie in die Tat bzw. in geltendes Recht umgesetzt worden! Zahllose Flächennutzungsplanänderungen und Grundstückskäufe für Bauland in den Grünen Fingern belegen, dass die „Sicherung“ eben nicht „verbindlich“ ist: So z.B. die Flächennutzungsplan[1]Änderungen mit Bauvorhaben an der Knollstraße (2005), Belmer Bach/Röthebach (2007), Haseniederung (2011) und Nettetal (2016). Die Grünen Finger sind also sehr wohl während Ihrer Ratszugehörigkeit an zahlreichen Stellen bebaut worden.

Die konkrete Abgrenzung der Grünen Finger ist im „Landschaftsplanerischen Fachbeitrag“ im Jahre 2000 erfolgt und bildet die eine Grundlage für die Darstellung der bestehenden Grünen Finger bei der Stadt und im Forschungsvorhaben der Hochschule und in unserer Petition. Fakt ist also, dass die Stadt, die Hochschule und auch wir von ein und derselben Karte ausgehen. Über das Geodatenportal der Stadt Osnabrück kann sich jeder Interessierte selber Klarheit über die Abgrenzung der Grünen Finger verschaffen: http://geo.osnabrueck.de/gruene_finger/?i=map Ebenso können über das digitale Bebauungsplankataster https://geo.osnabrueck.de/bplan/ sowie das Ratsinformationssystem der Stadt Osnabrück die seitdem erfolgten Eingriffe von der Öffentlichkeit nachvollzogen werden. Was 1958 als „natürliche Umgebung als Kraftquell für den Menschen“ gedacht war, wird in Salamitaktik angeknabbert, ausgehöhlt und immer weiter erodiert. Dass damit in Zeiten von Corona, Klimakrise und Artensterben endlich Schluss sein muss, gebietet der gesunde Menschenverstand. Da die verbindliche Sicherung der Grünen Finger seit 24 Jahren überfällig ist, fordern wir den Stadtrat umso nachdrücklicher auf, dem nun endlich nachzukommen, den verbliebenen Rest der Grünen Finger umgehend per Erhaltungssatzung zu schützen und sich bei ihrer weiteren Entwicklung vollumfänglich an den wissenschaftlichen Erkenntnissen des Forschungsprojekts der Hochschule zu orientieren! Die Stadt verliert sonst, was sie attraktiv und zukunftstauglich macht!

Ein paar Worte noch an die NOZ: Ist es nicht Aufgabe der Medien, die Menschen neutral und sachgerecht zu informieren, damit sie sich eine freie Meinung bilden können? Dieses Thema, auch wenn es den beiden führenden Parteien im Stadtrat aktuell nicht passt, ist ein Thema, das sehr viele Bürger beschäftigt und letztendlich uns alle angeht, und das eigentlich zu einem breiten gesellschaftlichen Diskurs darüber führen sollte, wie wir Bürger uns die Entwicklung unserer Stadt wünschen. Als „Aktivistin“ fühle ich mich in die Nähe von Terroristen, Islamisten, Faschisten und sonstigen Extremisten gerückt. Das sind wir aber nicht, sondern einfach mehrere von vielen Tausenden Osnabrücker Bürger*innen, die sich um die Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit ihrer Stadt sorgen und die auch im städtischen Raum ein lebenswertes natürliches Umfeld erhalten möchten! Sollten die aktuellen Bebauungspläne so umgesetzt werden, sehe ich mich gezwungen, in den Landkreis abzuwandern – also gerade das, was die Politik ja gerne vermeiden möchte, aber was viele junge Familien ähnlich sehen dürften!

Carolin Kunz für das Umweltforum Osnabrücker Land e.V., NABU, Bürgerbewegung Grüne Finger, Kleingärtner der Gartlage sowie die Bürgerinitiativen BI Sandbachtal, BI Knollstrasse/Bürgerpark, BI Düte statt Beton, BI Rubbenbruchsee und BI Naturnaher Schinkel

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